Thrillerkolumne

Thriller ohne Leserstrahlen ist wie Spenser ohne Boston, Behr ohne Indianapolis, Reacher ohne Army, Rain ohne Judo, Parker ohne Plan, Bolitar ohne Win, Forsythe ohne Whisky, McGee ohne Florida, Hank ohne Baseball, Duffy ohne Beemer...

Alles Karma, oder was? (4/5)

James Clavell, Shogun. A Novel of Japan (1975)

 

James Clavells Shogun ist die Saga zum Japan der Frühen Neuzeit. Der detailreiche Roman zur Reise des englischen Piloten Blackthorne, der sich im Jahr 1600 aufmacht, auf einem holländischen Schiff Japan zu besuchen, ist schlichtweg episch.

Da ist zunächst die Länge des Romans. Deutlich mehr als eintausend Seiten sprechen eine deutliche Sprache. Längen bleiben da nicht aus. Aber dadurch wird die Lektüre passenderweise zu einem fast schon zeremoniellen Lesegenuss. Und obgleich niemand den Roman in einem Rutsch lesen kann, sollte man nicht allzu viel Zeit zwischen den einzelnen Sessions lassen. Denn die Geschichte ist verzweigt und bietet viele verschiedene Ebenen. Da sind die Romanze und die persönliche Fehde, der Konflikt zwischen den christlichen Konfessionen und den europäischen Feinden, das permanente Gerangel um die Macht und das bunte Sitten- und Moralgemälde Japans, das dem Ganzen einen detaillierten Hintergrund liefert.

Episch ist der Roman auch weil er ausschweift und trotzdem immer wieder an Begebenheiten und Nebenstränge der Story anknüpft. Spannende und brutale Sequenzen wechseln sich mit romantischen und sinnlichen Schilderungen ab. Und immer dient die Sicht des europäischen Barbaren auf die Sitten im Land der Götter dazu, die Andersartigkeit der japanischen Kultur im Vergleich zu Europa darzustellen.

Dass der dreckige Blackthorne den zivilisierten Japanern aber dennoch Einiges beibringen kann, hat er ja schon dadurch bewiesen, dass er den Weg zu ihnen gefunden hat und nicht andersherum. Besonders in militärischen Aspekten quetschen die wissbegierigen Japaner Blackthorne fortan aus wie die sprichwörtliche Zitrone.

Clavells Roman hat auch seine Fehler, habe ich gehört. Er beruht auf einer wahren Begebenheit, nutzt aber verfremdete Namen (Toranaga ist natürlich Tokugawa). Obwohl Blackthorne Japanisch lernen soll, sei das Japanisch im Roman an kaum einer Stelle korrekt, habe ich gelesen. Solcher Kritik könnte man entgegenhalten, dass mittlerweile Generationen von Liebhabern historischer Romane und japanischer Kultur auf Shogun schwören. Man könnte auf die vielen schönen Lesestunden verweisen, den die Geschichte und der Plot beim Lesen bereiten oder auf die grandiose Abenteuergeschichte in einer fremden Welt, die der dreckige Europäer bestehen muss. Man könnte auch entgegnen, dass Fantasy-Romane wie Der Herr der Ringe oder John Carter noch sehr viel weniger real sind und trotzdem unterhalten. Die schönste Antwort lernt man aber bei der Lektüre von Shogun kennen: So sorry. It's all karma, neh?
  • Action: Teilweise heftig (4/5)
  • Spannung: In großen Bahnen denken (3/5)
  • Plot: In Verzwicktheit schwelgen (5/5)
  • Romantik: Oohhh! (5/5)
  • Fazit: Lesen? Ja(pan) (4/5)
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James Clavell, Shogun. A Novel of Japan
Gebundene Ausgabe: 808 Seiten
Verlag: Macmillan Pub Co; Auflage: First Edition (Juni 1975)

ISBN-10: 0689105657

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